Dieser Text ersetzt keine Diagnose und soll nur als Hilfestellung dienen.

Hexenschuss

Einmal verhoben und schon ist er da: Der plötzliche, stechende Schmerz

Mehr als vier von fünf Personen kennen ihn: Den plötzlich einstechenden Schmerz im Rücken. Was im Volksmund so anschaulich „Hexenschuss“ genannt wird, nennt der Medizinier den akuten Kreuzschmerz oder auch lateinisch Lumbago oder Lumbalgie. Auch wenn ein Hexenschuss sehr starke Schmerzen verursacht und dadurch auch oft die Bewegung des Patienten einschränkt, liegt den Beschwerden meist keine ernsthafte Ursache zu Grunde. Oft halten die Beschwerden auch nicht länger als wenige Wochen an und verschwinden häufig von selbst wieder. Jedoch ist es wichtig den Hexenschuss von anderen Erkrankungen oder Verletzungen abgrenzen zu können und auch zu wissen, was man akut gegen den unangenehmen Rückenschmerz tun kann.

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Anatomie der Wirbelsäule

Unsere Wirbelsäule leistet jeden Tag Unglaubliches. Auf ihr lasten jeden Tag bei jeder Bewegung die unterschiedlichsten Kräfte. Sie hält uns nicht nur beim Stehen aufrecht, sie sorgt auch dafür, dass wir unseren Oberkörper in alle Himmelsrichtungen verbiegen und bewegen können. Für diese Beweglichkeit und gleichzeitige Stabilität ist der spezielle Aufbau der Wirbelsäule verantwortlich.

Die Wirbelsäule und ihre ganz besondere Form

Die Wirbelsäule besteht aus 24 freien Wirbeln, welche über 23 Bandscheiben beweglich miteinander verbunden sind, sowie dem Kreuzbein und dem Steißbein. Diese verteilen sich auf sieben Wirbel der Halswirbelsäule, zwölf Brustwirbel und fünf Wirbel der Lendenwirbelsäule. Das Kreuzbein besteht aus fünf miteinander verwachsenen Wirbeln und das Steißbein aus vier bis fünf dieser verschmolzenen Wirbelrudimente. Typisch für die Wirbelsäule des Menschen ist die doppelte S-Form. Diese entsteht, da sich die Halswirbelsäule nach vorne, medizinisch ventral, wölbt, die Brustwirbelsäule nach hinten, dorsal genannt, die Lendenwirbelsäule wieder ventral und Kreuz- und Steißbein wieder dorsal. Wölbungen, welche dorsal sind, bezeichnet ein Mediziner als Kyphosen. Ventrale Wölbungen werden Lordosen genannt. Diese Krümmungen sind in einem gewissen Maße normal und tragen zur Stabilität der Wirbelsäule beim aufrechten Gang bei. Jedoch können diese Wölbungen auch krankhaft sein, zum Beispiel bei einem Hohlkreuz.

Anatomie einzelner Wirbel

Einige Wirbel unterscheiden sich etwas, je nachdem an welcher Position sie sich befinden, jedoch ist der Grundaufbau derselbe. Ein Wirbel besteht aus einem kompakten Wirbelkörper, von dem der knöcherne Wirbelbogen abgeht. Auch hier gibt es wieder eine Ausnahme: Der erste Halswirbel, der so genannte Atlas, hat keinen kompakten Wirbelkörper. Er bildet mit dem zweiten Wirbel, dem Axis, eine funktionale Einheit. Bei den übrigen Wirbeln formt der Wirbelbogen ein Loch, diese Löcher aller Wirbel bilden gemeinsam den Wirbelkanal. In diesem Kanal liegt das Rückenmark. Zwischen den Wirbelbögen von zwei Wirbeln befindet sich auf beiden Seiten das Zwischenwirbelloch. Durch dieses Loch gehen die Spinalnerven vom Rückenmark ab. An den beiden Seiten des Wirbelbogens entspringen die Querfortsätze. An der BWS setzen hier Gelenke an, welche die Wirbelsäule mit den Rippen verbinden. Die nach hinten abgehenden und ertastbaren Spitzen der Wirbel nennt man Dornfortsatz. In den Spitzen der Dornfortsätze der Wirbelsäule hat der Begriff Rückgrat seinen Ursprung. Die Dornfortsätze sind wichtige Ansatzstellen für Bänder und Muskeln, welche die Wirbelsäule stabilisieren.

Die echten und unechten Gelenke der Wirbelsäule

Die einzelnen Wirbel sind über Wirbelgelenke miteinander verbunden, welche ebenfalls am Wirbelbogen ansetzen und daher auch oft Wirbelbogengelenke genannt werden. Die einzelnen Wirbelkörper werden durch die Bandscheiben voneinander getrennt. Die Bandscheiben werden unechte Gelenke genannt, da sie zwar für Beweglichkeit zwischen den knöchernen Strukturen sorgen, aber nicht die Eigenschaften von echten Gelenken haben. Die Wirbelgelenke und die Bandscheiben ergänzen sich bei der Beweglichkeit der Wirbelsäule gut. Die Wirbelgelenke bestimmen die Richtung der Bewegung und die Bandscheibe den Umfang. Generell sind die einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule unterschiedlich beweglich. Die HWS hat den größten Bewegungsumfang in alle Richtungen, die BWS hat aufgrund des Brustkorbs Einschränkungen in ihrer Bewegung und die LWS kann aufgrund der speziellen Form der Gelenkfortsätze kaum rotierende Bewegungen, jedoch aber Beugungen nach vorn und hinten ausführen. Insgesamt kann die Wirbelsäule als Ganzes vier verschiedene Bewegungen ausführen: Die Beugung nach vorne (Flexion), die Streckung nach hinten (Extension), die Seitneigung (Lateralflexion), sowie Drehbewegungen (Rotation).

Bänder - Stabilisatoren der Wirbelsäule

Bei all diesen Bewegungen wird die Wirbelsäule von drei Bändern und drei Bandsystemen stabilisiert. Das vordere Längsband, das hintere Längsband und das Überdornfortsatzband verlaufen dabei über die gesamte Länge der Wirbelsäule. Die gelben Bänder, die Zwischenquerfortsatzbänder und die Zwischendornfortschatzbänder verlaufen zwischen den einzelnen Wirbeln.

Die autochthone Rückenmuskulatur

Die Rückenmuskulatur unterstützt Bänder und leitet die Bewegungen ein. Auf dem Rücken befinden sich viele Muskeln, wie zum Beispiel auch der Schulterblattheber und der Kapuzenmuskel. Die wichtigste Muskulatur für die Bewegung der Wirbelsäule ist jedoch die autochthone Rückenmuskulatur. Diese liegt beidseitig direkt an der Wirbelsäule auf und verläuft vom Kopf bis zum Becken. Diese Rückenmuskulatur ist ortsständig. Das bedeutet, dass sie sich dort entwickelt hat, wo sie auch ursprünglich zu finden war. Bei vielen anderen Muskeln ist dies nicht der Fall, diese sind „eingewandert“ und werden als allochthon bezeichnet. Die autochthone Rückenmuskulatur wird im Gegensatz zu allen anderen Muskeln von den nach hinten (dorsal) liegenden Rückenästen der Spinalnerven versorgt. Alle anderen Muskeln werden von den nach vorne (ventral) gerichteten Bauchästen versorgt. Außerdem ist die ortsständige Rückenmuskulatur eingepackt in einer speziellen, großflächigen Faszie, der sogenannten Fascia Thoracolumbalis. Kommt es zu Funktionsstörungen dieser Muskulatur hat dies also einen direkten Einfluss auf die Wirbelsäule.

Ursachen

Die häufigste Ursache für einen Hexenschuss sind falsche und ruckartige Bewegungen oder schweres Heben. Solch ungewohnte Körperhaltungen oder Belastungen sind zwar oft die Ursache, jedoch muss der Schmerz nicht sofort auftreten, sondern kann auch erst einige Stunden oder Tage später bemerkt werden. Die Schmerzen entstehen meist durch eine Blockade der Wirbelgelenke, welche zusätzlich eine reflektorische Verspannung der Muskulatur im Rücken auslösen. Der Mediziner kann einen Hexenschuss meist nach einer kurzen Untersuchung und einer Anamnese feststellen. Ein Spezialist kann aufgrund der Art der Schmerzen und mit einigen Tests einen Hexenschuss klar von einer anderen ernsthaften Erkrankung des Rückens abgrenzen. An einem Hexenschuss leiden meist Personen zwischen 30 und 50 Jahren. Bei älteren Menschen nehmen zwar die Rückenschmerzen zu, jedoch entstehen diese im Alter häufiger durch Verschleißerscheinungen. Dazu zählt der Hexenschuss nicht.

Behandlung

Häufig verschwinden die Schmerzen von selbst und ohne großes Einwirken wieder. Nach einer Woche sind 50 % wieder schmerzfrei, nach zwei Wochen sind es 65 % und nach vier bis sechs Wochen sind 90 % symptomfrei. Dennoch möchte man natürlich möglichst schnell wieder schmerzfrei werden und die Bewegungsfreiheit wieder erlangen. Kurzzeitig sorgt die Stufenlagerung für Besserung. Diese wird häufig von Medizinern empfohlen, jedoch löst sie das Problem nicht langfristig. Besser für die Wirbelsäule und die Rückenmuskulatur ist es, wenn sie in Bewegung bleibt. So kann Verspannungen und Verkürzungen der autochthonen Rückenmuskulatur entgegengewirkt werden, die Wirbelsäule, die Muskulatur und die Faszien werden stimuliert und besser versorgt. Somit kann eine Selbstheilung schneller eintreten. Außerdem ist eine Schonhaltung wieder eine ungewöhnliche und meist einseitige Bewegung für den Körper, welche die Wahrscheinlichkeit auf einen erneuten Hexenschuss erhöht. Welche Übungen bei einem Hexenschuss möglich sind und wie Sie sich langsam an die Bewegungen rantasten können, zeigt Ihnen ein Schmerztherapeut. Außerdem zeigt er Ihnen, wie Sie schwierige Bewegungen rückenfreundlich ausführen, um den stechenden Schmerz am besten direkt verhindern zu können. Regelmäßiges, moderates Rückentraining für Beweglichkeit und Kräftigung gilt als A und O bei der Vorbeugung von Rückenkrankheiten. Gerne zeigt Ihnen ein Schmerztherapeut, welche regelmäßigen Übungen für Sie, Ihren Alltag und Ihren Rücken passend sind.